Vereinsziele
Zweck des 1867 gegründeten Vereins mit Sitz und Schwerpunkt in Wien ist, nach den Statuten aus dem Jahre 1893, die „Förderung der Leistungen im Gesamtgebiete der theoretischen, praktischen und forensischen Psychiatrie und der Neurologie mit dem Ziel regelmäßige Versammlungen der Vereinsmitglieder (und anderer interessierter Personen) abzuhalten, um im Interesse des wissenschaftlichen Fortschritts, und zur Hebung der „Kranken“-pflege den kollegialen Austausch von Ideen zu fördern“.
Heute, über 100 Jahre später, sind unsere Ziele im wesentlichen die selben geblieben, nämlich die wissenschaftliche und ärztliche Kommunikation unter Psychiatern und Neurologen zu fördern. Unser Wunsch ist es mit den monatlichen Vereinsabenden (trotz des Auseinanderwachsens der Fachrichtungen) ein möglichst breites Spektrum an Psychiatern und Neurologen, sowohl im niedergelassenen Bereich, als auch im Krankenhausbereich anzusprechen.
Der Verein finanziert sich ausschließlich aus Mitgliedsbeiträgen und wird nicht durch zusätzliche Gelder der Pharmaindustrie unterstützt.
Geschichte
Aus der Geschichte der Gründerjahre des Vereins für Psychiatrie und Neurologie (Ref 1)
Die Gründung des Vereins im Jahr 1867 ging auf Anregung von Joseph Riedl (1803-1870, erster Direktor der 1853 eröffneten k. k. Irren-Heil- und Pflegeanstalt am Brünnlfeld im Gelände jenseits der Spitalgasse), auf Maximilian Leidesdorf (1819-1889, dem späteren Primar der Irrenabteilung des Allgemeinen Krankenhauses und Initiator des klinisch psychiatrischen Unterrichts in Österreich), sowie auf Theodor Meynert (1833-1892), den Neuroanatomen zurück. Laut Heinrich Obersteiner (1847-1922, Gründer des Neurologischen Instituts und langjähriger Vorsitzender des Vereins ab 1902) war es in ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts schlecht um die Kenntnisse auf dem Gebiet der Nervenkrankheiten bestellt. Die Gründung dieses Vereins, wie auch ähnlicher Vereine, die zur selben Zeit in ganz Europa entstanden, sollte diesem Mangel abhelfen. Frühe Ehrenmitglieder des Vereins waren unter anderen auch Carl von Rokitansky (1804-1878), Josef Skoda (1805-1881) und Johann von Oppolzer (1808-1871).
Von den regen (und zum Teil wohl auch hitzigen) Debatten im Verein für Psychiatrie und Neurologie zeugt der berühmt gewordene Vortrag Sigmund Freuds (1856-1939) am 21. April 1896 „Zur Ätiologie der Hysterie“, in dem er erstmals seine Theorien über die Bedeutung von frühen sexuellen Traumen zur Entstehung von Neurosen öffentlich vorstellte. Den Vorsitz an diesem Abend führte von Krafft-Ebing (1840-1902), der damalige Leiter der Psychiatrischen Klinik des Allgemeinen Krankenhauses. Seinem Freund, den in Berlin lebenden Hals-, Nasen- und Ohrenarzt Wilhelm Fließ, schrieb Freud: „Ein Vortrag über Ätiologie der Hysterie im Psychiatrischen Verein fand bei den Eseln eine eisige Aufnahme und von Krafft-Ebing die seltsame Beurteilung: Es klingt wie ein wissenschaftliches Märchen. Und dies, nachdem man ihnen die Lösung eines mehrtausendjährigen Problems, ein caput Nili aufgezeigt hat!“ (Siehe Ref. 2)
Über die Jahre nach dem ersten Weltkrieg bis zur vorübergehenden Auflösung 1939 gibt es kaum Aufzeichnungen über den Verein. Im Jahr 1946 wurde die Vereinstätigkeit wieder aufgenommen und bis heute ununterbrochen fortgeführt.
Wenn Sie Beiträge zur Geschichte des Vereins machen können, würden wir uns über einen Kontakt freuen.
(1) Manfred Skopec. Ärztliches Vereinswesen: Über die Gründung und Entwicklung des „Vereins für Psychiatrie und Neurologie“ in Wien.
Österreichische Krankenhaus-Zeitung 29 (1988) 495-499
(2) Für weitere Details über Freuds Vortrag